Das Umweltbundesamt (UBA) hat in Kooperation mit Behörden aus Deutschland, den Niederlanden, Dänemark, Schweden und Norwegen bei der Europäischen Chemikalienagentur einen Vorschlag zur umfassenden Beschränkung von PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) eingereicht. Dieser Vorschlag, der nun öffentlich zugänglich ist, zielt darauf ab, zukünftig – bis auf wenige Ausnahmen – die Produktion, den Gebrauch und den Vertrieb aller PFAS zu limitieren. Diese Chemikalien, die unter anderem in Outdoor-Ausrüstung, Kochgeschirr und Nahrungsmittelverpackungen verwendet werden, sind aufgrund ihrer hohen Stabilität und ihrer wasser-, schmutz- und fettabweisenden Eigenschaften weit verbreitet. Allerdings verbleiben sie, einmal freigesetzt, lange in der Umwelt und sind daher als „Ewigkeitschemikalien“ bekannt.
PFAS sind synthetisch und kommen natürlich nicht in der Umwelt vor. Dennoch sind sie mittlerweile weltweit in Wasser, Luft und Boden nachweisbar und können auch im menschlichen Blut gefunden werden, wo sie gesundheitliche Auswirkungen haben können. Das UBA und andere Behörden verfolgen mit dem neuen Vorschlag das Ziel, die Anwendung dieser Chemikalien in der EU weitestgehend zu untersagen, um langfristigen Umweltschäden vorzubeugen.
Verbraucher haben derzeit nur begrenzte Möglichkeiten zu erkennen, ob Produkte PFAS enthalten. Für bestimmte Artikel wie Outdoor-Bekleidung existieren bereits Zertifizierungen wie GOTS oder der Blaue Engel, die auf PFAS-freie Produkte hinweisen. Alternativen zu PFAS-haltigen Produkten umfassen unter anderem unbeschichtetes Kochgeschirr aus Eisen oder Emaille und Mehrweggeschirr aus Glas oder Porzellan. Auch natürliche Fette und Wachse können als Ersatz für PFAS-basierte Imprägniersprays genutzt werden.
Die nächste Phase des Beschränkungsvorschlages sieht vor, dass die wissenschaftlichen Ausschüsse der ECHA, der Risikobeurteilungsausschuss (RAC) und der Ausschuss für sozioökonomische Analyse (SEAC), im März 2023 prüfen, ob die Beschränkung den Anforderungen der REACH-Verordnung entspricht. Nach einer öffentlichen Konsultation, die im März 2023 beginnt, und einer Informationsveranstaltung im April desselben Jahres, werden die Ausschüsse ihre Bewertungen vorlegen. Basierend darauf wird die Europäische Kommission in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten über die Beschränkung entscheiden, die voraussichtlich nicht vor 2025 in Kraft tritt. Das UBA befürwortet eine rasche und gründliche Prüfung des Vorschlags, um die Verwendung von PFAS signifikant zu reduzieren.
Eigenschaften
PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) sind wegen ihrer vielfältigen Anwendungen und nützlichen Eigenschaften weit verbreitet, aber sie haben auch mehrere negative Eigenschaften, die erhebliche Umwelt- und Gesundheitsrisiken darstellen:
- Persistenz: PFAS werden oft als „Ewigkeitschemikalien“ bezeichnet, weil sie in der Umwelt extrem beständig sind. Sie bauen sich nicht natürlich ab, was zu einer dauerhaften Anwesenheit in Wasser, Boden und Luft führt.
- Bioakkumulation: Viele PFAS reichern sich in Lebewesen an, einschließlich Menschen. Diese Anreicherung im Körper kann über die Zeit zunehmen und ist schwer rückgängig zu machen.
- Toxizität: Bestimmte PFAS sind toxisch und können verschiedene gesundheitliche Probleme verursachen, einschließlich Leberschäden, Schädigungen des Immunsystems, Krebs (insbesondere Nieren- und Hodenkrebs), Schilddrüsenerkrankungen und andere hormonelle Störungen.
- Umweltverschmutzung: Die hohe Stabilität und Wasserlöslichkeit von PFAS führen dazu, dass sie sich weit in der Umwelt verbreiten können, auch über große Entfernungen. Sie kontaminieren Grund- und Oberflächenwasser und können in Trinkwasserquellen gelangen.
- Einfluss auf die reproduktive Gesundheit: Studien haben gezeigt, dass PFAS potenziell die reproduktive Gesundheit beeinträchtigen können, was sich in verringerter Fruchtbarkeit und anderen reproduktiven Problemen äußert.
- Entwicklungsschäden: PFAS-Exposition wurde mit Entwicklungsstörungen bei Kindern in Verbindung gebracht, darunter verminderte Geburtsgewichte, verzögerte Entwicklung und mögliche Verhaltensstörungen.
Diese negativen Eigenschaften haben zu einer erhöhten regulatorischen Aufmerksamkeit und der Notwendigkeit geführt, die Verwendung von PFAS zu beschränken oder Alternativen zu entwickeln, um die Risiken für Mensch und Umwelt zu minimieren.
Herausforderungen
Die Umsetzung der vorgeschlagenen EU-weiten Beschränkungen von PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) stellt Unternehmen vor verschiedene Herausforderungen, bietet aber auch Chancen für Innovation und Umstellung auf nachhaltigere Praktiken. Hier sind einige Möglichkeiten, wie Unternehmen die Beschränkungen in der Praxis umsetzen können, und Bereiche, in denen die Umstellung besonders schwierig sein wird.
Umsetzungsmöglichkeiten
- Forschung und Entwicklung alternativer Materialien: Unternehmen können in die Forschung und Entwicklung von alternativen Materialien investieren, die dieselben oder ähnliche Eigenschaften wie PFAS bieten, ohne die Umwelt zu belasten. Dies kann die Entwicklung neuer Beschichtungen, Imprägnierungen oder Materialzusammensetzungen umfassen.
- Überarbeitung von Produktlinien: Die Reformulierung bestehender Produkte, um PFAS-freie Alternativen zu integrieren, ist ein praktischer Schritt. Dies kann beispielsweise die Umstellung von PFAS-beschichteten Kochutensilien auf unbeschichtete Optionen wie Edelstahl oder Emaille beinhalten.
- Zertifizierungen und Labels: Unternehmen können durch die Einführung und Einhaltung von Umweltzertifizierungen wie GOTS oder Blauer Engel für Textilien, die keine PFAS enthalten, das Vertrauen der Verbraucher stärken.
- Transparenz und Kommunikation: Klare Kommunikation über die Inhaltsstoffe und die Umweltverträglichkeit der Produkte kann das Bewusstsein und die Akzeptanz der Verbraucher für alternative Produkte erhöhen.
- Lieferkette anpassen: Unternehmen müssen ihre Lieferketten überprüfen und ggf. Anpassungen vornehmen, um sicherzustellen, dass keine PFAS-haltigen Materialien verwendet werden.
Weiter Herausforderungen
- Hohe Kosten für Forschung und Entwicklung: Die Entwicklung von Alternativen zu PFAS kann teuer und zeitaufwendig sein, besonders für kleine und mittelständische Unternehmen.
- Branchenspezifische Schwierigkeiten: In einigen Branchen, wie z. B. der Halbleiterindustrie oder bei medizinischen Produkten, sind die spezifischen Eigenschaften von PFAS möglicherweise durch derzeit verfügbare Alternativen schwer zu ersetzen. Hier könnte die Umstellung besonders komplex und kostspielig sein.
- Regulatorische Unsicherheiten: Die endgültigen Bestimmungen und Ausnahmen der PFAS-Beschränkungen sind noch nicht vollständig definiert, was die Planungssicherheit für Unternehmen erschwert.
- Globale Lieferketten: Da PFAS in globalen Lieferketten weit verbreitet sind, könnte ihre Eliminierung eine umfassende Überarbeitung der Beschaffungsstrategien erfordern.
- Widerstand gegen Veränderungen: Widerstand innerhalb der Industrie, insbesondere von Seiten derer, die stark in PFAS-Technologien investiert haben, könnte die Umsetzung der Beschränkungen verlangsamen.
Unternehmen müssen proaktiv vorgehen, indem sie sich frühzeitig auf die bevorstehenden Veränderungen vorbereiten und mit Stakeholdern zusammenarbeiten, um Lösungen zu entwickeln, die sowohl wirtschaftlich als auch umweltfreundlich sind.
Die Beschränkungen von PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) werden in einigen Branchen aufgrund der einzigartigen Eigenschaften dieser Chemikalien, für die es bisher keine oder nur unzureichende Alternativen gibt, besondere Herausforderungen darstellen. In folgenden Sektoren wird man kurz- bis mittelfristig wahrscheinlich nicht vollständig auf PFAS verzichten können:
- Halbleiterindustrie: PFAS werden in der Halbleiterfertigung wegen ihrer hervorragenden thermischen und chemischen Beständigkeit verwendet. Sie sind entscheidend für bestimmte Ätz- und Reinigungsprozesse, die zur Herstellung von integrierten Schaltkreisen notwendig sind.
- Medizinprodukte: In der Medizintechnik werden PFAS aufgrund ihrer biokompatiblen und schmutzabweisenden Eigenschaften eingesetzt, beispielsweise in Implantaten, chirurgischen Instrumenten und medizinischen Verpackungen. Ihre Beständigkeit gegen aggressive Chemikalien und ihre Fähigkeit, die Reibung zu reduzieren, machen sie schwer ersetzbar.
- Persönliche Schutzausrüstung: PFAS sind in Materialien für Feuerwehranzüge und andere Schutzausrüstungen enthalten, da sie Hitzebeständigkeit und Schutz gegen chemische Exposition bieten. Ihre wasser- und fettabweisenden Eigenschaften sind ebenfalls kritisch für die Sicherheit und Effektivität dieser Ausrüstungen.
- Luft- und Raumfahrtindustrie: In der Luft- und Raumfahrt werden PFAS wegen ihrer Beständigkeit gegen extreme Temperaturen und Druckbedingungen verwendet. Sie sind Teil von Hydraulikflüssigkeiten, Schmiermitteln und Beschichtungen, die essentiell für die Funktionalität und Sicherheit von Luftfahrzeugen sind.
- Automobilindustrie: Obwohl Alternativen zunehmend entwickelt werden, nutzen Hersteller immer noch PFAS für bestimmte Anwendungen wie Kraftstoffsysteme, in denen Chemikalien- und Hitzebeständigkeit erforderlich sind.
Diese Branchen stehen vor der Herausforderung, geeignete Ersatzstoffe zu finden, die die technischen Spezifikationen und Sicherheitsanforderungen erfüllen können, ohne die Umwelt zu schädigen. Es ist wahrscheinlich, dass für einige spezialisierte Anwendungen in diesen Sektoren Ausnahmen von den PFAS-Beschränkungen bestehen bleiben, bis effektive Alternativen verfügbar und erprobt sind.
Alle Dokumente und der Stand des Verfahrens können auf der Webseite der ECHA eingesehen werden.