Die 45. BImSchV: Neue Pflichten und Transformationsanforderungen für Industrieanlagenbetreiber

45. BImSchV – Neue Pflichten für Anlagenbetreiber
Wie die Umsetzung der geänderten IE-Richtlinie in Deutschland künftig aussehen soll!

Hintergrund und Rechtsgrundlage

Mit der Überarbeitung der Industrieemissionsrichtlinie (IE-Richtlinie) durch die Europäische Union und dem Inkrafttreten der neuen Fassung am 4. August 2024 stehen Anlagenbetreiber vor weitreichenden Änderungen. Der deutsche Gesetzgeber hat angekündigt, die Vorgaben der Richtlinie „eins zu eins“ im Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) und in einer neuen Umweltmanagement-Verordnung – der 45. BImSchV – sowie in weiteren Verordnungen umzusetzen. Ziel ist es, die rund  55.000 Anlagen in Europa davon rund 13.000 potenziell betroffenen Industrieanlagen in Deutschland stärker in die Pflicht zu nehmen, um den Energie-, Rohstoff- und Wasserverbrauch nachhaltig zu senken und den Übergang zu einer schadstofffreien und klimaneutralen Wirtschaft einzuleiten.

Geltungsbereich – Wer ist betroffen?

Unter die neue 45. BImSchV sollen alle Anlagen fallen, die von der IE-Richtlinie erfasst werden. Dazu zählen insbesondere:

  • Anlagen zur Energie- und Wärmeerzeugung
  • Anlagen der chemischen Industrie
  • Anlagen zur Metallerzeugung und Metallverarbeitung
  • Abfallbehandlungsanlagen
  • Zulassungspflichtige Deponien nach Kreislaufwirtschaftsgesetz
  • Gewinnungsbetriebe und Betriebe zur Aufbereitung von bergfreien und grundeigenen Bodenschätzen

Ausgenommen sind lediglich Anlagen zur Haltung und Aufzucht von Tieren.

Neues Umweltmanagementsystem als zentrale Anforderung

Künftig müssen Betreiber ein Umweltmanagementsystem einführen und betreiben. Bei der konkreten Ausgestaltung können sich Unternehmen an den etablierten Systemen EMAS oder ISO 14001 orientieren. Die 45. BImSchV sieht darüber hinaus zusätzliche Anforderungen vor, die über den bisherigen Standard hinausgehen:

  1. Erfassung von Umweltleistungen
    Neben Kennwerten für den Energieverbrauch sollen künftig auch Kennwerte für den Rohstoff- und Wasserverbrauch bestimmt, überwacht und eingehalten werden.

  2. Erstellung eines Transformationsplans
    Als zentraler Bestandteil des Umweltmanagementsystems muss ein Transformationsplan erarbeitet werden, der beschreibt, welche Maßnahmen von 2030 bis 2045 ergriffen werden, um zu einer nachhaltigen, schadstofffreien, kreislauforientierten, ressourceneffizienten und klimaneutralen Wirtschaft beizutragen.

  3. Stufenweise Einführung

    • Für bestimmte Anlagengruppen (z. B. Anlagen zur Wärmeerzeugung, Bereiche Bergbau und Energie, chemische Industrie, Mineralölraffination) ist der Abgabetermin für den Transformationsplan der 30. Juni 2030.
    • Für alle übrigen Betreiber gilt ab dem 1. Januar 2030 die Pflicht, den Transformationsplan innerhalb von vier Jahren nach der Veröffentlichung einschlägiger BVT-Schlussfolgerungen zu erstellen.

Veröffentlichungs- und Nachweispflichten

Um eine transparente Dokumentation zu gewährleisten, müssen die Umweltmanagementsysteme inklusive Transformationsplan kostenfrei und öffentlich zugänglich im Internet veröffentlicht sowie regelmäßig aktualisiert werden. Falls durch die Publikation Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse gefährdet werden, dürfen einzelne Daten unkenntlich gemacht werden.

Erstmalige Nachweise und regelmäßige Audits

  • Erstmals bis zum 1. Juli 2027 ist gegenüber der zuständigen Behörde nachzuweisen, dass das Umweltmanagementsystem den Anforderungen der 45. BImSchV entspricht.
  • Beim ersten Nachweis genügt ein internes Audit.
  • Anschließend muss alle drei Jahre eine Bestätigung durch einen externen Gutachter oder Auditor erfolgen.
  • Der Transformationsplan, der zwar Teil des Systems ist, wird dennoch eigenständig kontrolliert. Er ist spätestens bis zum 30. Juni 2030 (bzw. innerhalb von vier Jahren nach Veröffentlichung der relevanten BVT-Schlussfolgerungen) zu erstellen und muss ebenfalls innerhalb eines Jahres nach Einführung extern geprüft werden.

Neue Grenzwerte für Rohstoff-, Wasser- und Energieverbrauch

In den sogenannten BVT-Schlussfolgerungen (Beste verfügbare Techniken) werden zukünftig Bandbreiten für den Rohstoff-, Wasser- und Energieverbrauch – die sogenannten „Umweltleistungen“ – festgelegt, die verpflichtend einzuhalten sind. Auf nationaler Ebene dürften diese Vorgaben in Anlage 3 der 45. BImSchV bzw. für den Wasserbereich in der Abwasserverordnung konkretisiert werden.

Schadensersatzansprüche gegen Anlagenbetreiber

Eine weitere wichtige Neuerung betrifft den Bereich der Haftung: Im Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) soll ein Schadensersatzanspruch gegen Anlagenbetreiber verankert werden. Dieser kann greifen, wenn Betreiber gegen Pflichten – insbesondere zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen – verstoßen und dadurch die Gesundheit anderer Personen beeinträchtigt wird. Für Unternehmen kann dies ein erhebliches finanzielles Risiko bedeuten, sollten sie ihren Pflichten nicht nachkommen.

Ab wann gilt die 45. BImSchV?

Derzeit steht die 45. BImSchV noch im Gesetzgebungsverfahren. Ein konkreter Termin für das Inkrafttreten ist bislang nicht offiziell festgelegt worden. Angestrebt wird jedoch, dass die Verordnung zeitnah nach der Novellierung des BImSchG in Kraft tritt und damit rechtzeitig genug, um die neuen Nachweis- und Veröffentlichungspflichten (z. B. zum 1. Juli 2027) rechtssicher umzusetzen. Betreiber sollten daher frühzeitig mit den Vorbereitungen beginnen, um die künftigen Prüf- und Transformationspflichten fristgerecht erfüllen zu können.

Die geplante 45. BImSchV setzt neue Maßstäbe für Industrieanlagenbetreiber in Deutschland. Neben einem verpflichtenden Umweltmanagementsystem mit erweitertem Fokus auf Ressourcenschonung kommt ein Transformationsplan hinzu, der den langfristigen Umbau zu einer klimaneutralen und schadstofffreien Wirtschaft beschreibt. Durch strengere Nachweis- und Veröffentlichungsanforderungen sowie neue Haftungsregelungen steigt der Druck auf die Unternehmen, diese Vorgaben sorgfältig und zeitgerecht umzusetzen. Zwar ist das genaue Inkrafttreten der Verordnung noch nicht festgelegt, doch steht fest: Die Anforderungen sind weitreichend, und Anlagenbetreiber sollten bereits jetzt mit den Vorbereitungen beginnen, um rechtzeitig gerüstet zu sein.