Energieeffizienz ist längst kein freiwilliges Nachhaltigkeitsthema mehr, sondern ein zentraler Bestandteil der Unternehmenspflichten. Angesichts steigender Energiepreise, ambitionierter Klimaschutzziele und europäischer Vorgaben rücken Unternehmen stärker in den Fokus. Zwei entscheidende Regelwerke geben hier den Rahmen: das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) und das Energiedienstleistungsgesetz (EDL-G). Beide Gesetze stehen derzeit vor einer Novelle, deren Inkrafttreten zwar noch aussteht, deren Inhalte jedoch bereits jetzt maßgeblich für die betriebliche Praxis sind.
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat im Juli 2025 aktualisierte Merkblätter veröffentlicht, die wichtige Klarstellungen zu Schwellenwerten und Pflichten enthalten. Für Unternehmen heißt das: auch ohne verabschiedete Novelle gibt es konkrete Anforderungen und wer sich rechtzeitig vorbereitet, kann nicht nur rechtliche Sicherheit schaffen, sondern auch wirtschaftliche Vorteile nutzen.
Bedeutung von EnEfG und EDL-G
Das EnEfG setzt die europäische Energieeffizienzrichtlinie in deutsches Recht um und verpflichtet Unternehmen, ihren Energieverbrauch systematisch zu erfassen und zu optimieren. Ein besonderer Fokus liegt auf der Abwärmenutzung sowie auf der Einführung von Energie- oder Umweltmanagementsystemen ab bestimmten Verbrauchsschwellen.
Das EDL-G regelt dagegen vor allem die Pflicht zu regelmäßigen Energieaudits nach DIN EN 16247-1 für Nicht-KMU. Ziel ist die Identifikation von Einsparpotenzialen, die nicht nur dem Klima, sondern auch der Kostenstruktur zugutekommen.
Beide Gesetze zusammen bilden ein Schlüsselinstrument der deutschen und europäischen Energie- und Klimapolitik – und damit auch eine entscheidende Leitlinie für Unternehmensstrategien.
Aktueller Stand – zwischen Gültigkeit und Reform
Die ursprünglich geplante Novelle von EnEfG und EDL-G sollte 2024 abgeschlossen werden. Der Kabinettsbeschluss blieb jedoch aus, und der Prozess muss von der neuen Bundesregierung erneut aufgesetzt werden.
Was gilt aktuell?
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Ab einem Energieverbrauch von 2,5 GWh/Jahr greifen Pflichten zur Abwärmenutzung.
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Ab 7,5 GWh/Jahr sind Unternehmen verpflichtet, ein Energie- oder Umweltmanagementsystem (z. B. ISO 50001 oder EMAS) einzuführen.
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Die Pflicht zu regelmäßigen Energieaudits nach EDL-G gilt weiterhin für alle Nicht-KMU (≥ 250 Mitarbeitende oder ≥ 50 Mio. € Umsatz und ≥ 43 Mio. € Bilanzsumme).
Was war geplant?
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Anhebung der Audit-Schwelle auf 2,77 GWh.
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Wegfall der Pflicht zur externen Bestätigung von Umsetzungsplänen.
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Einführung verpflichtender Fort- und Weiterbildungen für Energieauditor:innen.
Damit ergibt sich für Unternehmen aktuell ein Spannungsfeld: Sie müssen die geltenden Vorgaben erfüllen und gleichzeitig flexibel bleiben, um auf die zu erwartenden Anpassungen vorbereitet zu sein.
Anforderungen an Unternehmen
Die Anforderungen aus EnEfG und EDL-G sind vielschichtig und greifen auf verschiedenen Ebenen:
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Energieaudits und Managementsysteme
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Pflicht zur Durchführung von Audits oder Aufbau eines EnMS/UMS.
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Nachweis eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses.
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Abwärmenutzung
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Unternehmen müssen erheben, wie Abwärme entsteht, wie sie genutzt oder weitergegeben werden kann, und Konzepte zur Umsetzung vorlegen.
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Berichtspflichten
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Genaue Dokumentation und Meldung an das BAFA.
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Einhaltung von Fristen, um Bußgelder zu vermeiden.
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Investitionsentscheidungen
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Abwägen zwischen Kosten, Amortisation und langfristigen Effizienzgewinnen.
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Nutzung von Förderprogrammen, um Investitionslasten zu reduzieren.
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Herausforderungen in der Praxis
Die Umsetzung ist für viele Unternehmen anspruchsvoll, insbesondere aufgrund dieser Faktoren:
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Fehlende Ressourcen: KMU haben oft weder Personal noch Know-how für komplexe Energiemanagementsysteme.
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Datenqualität: Ohne präzise Messungen sind Audits und Nachweise kaum zu erfüllen.
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Abwärme: Nutzungskonzepte erfordern technische Investitionen und Kooperationen mit lokalen Partnern.
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Rechtliche Unsicherheit: Die Verzögerung der Novelle sorgt für Planungsunsicherheit.
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Verzahnung mit Nachhaltigkeitsberichterstattung: Unternehmen müssen Energieeffizienz zunehmend auch im Rahmen der CSRD offenlegen.
Chancen durch Effizienz
Trotz der Herausforderungen bieten EnEfG und EDL-G erhebliche Chancen:
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Kostensenkung durch geringeren Energieverbrauch.
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Wettbewerbsvorteile durch transparente und effiziente Prozesse.
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Nachhaltigkeitsimage als Pluspunkt bei Kunden und Geschäftspartnern.
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Fördermöglichkeiten für Investitionen in moderne Technik und Systeme.
Ausblick – Praxisbeispiele und Handlungsempfehlungen
Auch wenn die Novelle noch nicht beschlossen ist, sollten Unternehmen jetzt aktiv werden. Wer frühzeitig handelt, kann nicht nur Risiken vermeiden, sondern auch messbare Vorteile erzielen:
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Monitoring aufbauen
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Beispiel: Ein Lebensmittelproduzent installierte ein digitales Energiemonitoring. Ergebnis: 12 % weniger Stromverbrauch bei Kälteanlagen durch optimierte Laufzeiten.
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Managementsysteme implementieren
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Beispiel: Ein Automobilzulieferer führte ISO 50001 ein. Durch konsequente Druckluftkontrollen wurden Leckagen geschlossen, jährliche Einsparung im sechsstelligen Euro-Bereich.
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Abwärmekonzepte entwickeln
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Beispiel: Ein Chemieunternehmen speist überschüssige Prozesswärme ins Fernwärmenetz ein. Resultat: Senkung der CO₂-Emissionen und Zusatzerlöse durch Wärmeverkauf.
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Anlagen modernisieren
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Beispiel: Ein Maschinenbauer rüstete auf LED-Beleuchtung mit Präsenzsteuerung um. Die Stromkosten sanken um 40 %.
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Flexibel bleiben
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Beispiel: Ein Handelsunternehmen setzt modulare Energiemanagementsoftware ein, die sowohl Audits nach DIN EN 16247-1 als auch ISO 50001 unterstützt. So können Änderungen im Gesetz direkt umgesetzt werden.
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Energieeffizienzgesetze wie EnEfG und EDL-G sind kein Zukunftsthema, sondern bereits heute Realität. Auch wenn die Novelle noch auf sich warten lässt, besteht für Unternehmen schon jetzt Handlungsbedarf.
Die größten Herausforderungen liegen in Abwärmenutzung, Datenmanagement und der Einführung von Managementsystemen. Gleichzeitig eröffnen sich erhebliche Chancen von Kostensenkungen über Nachhaltigkeitspunkte bis hin zu Wettbewerbsvorteilen.
Unternehmen, die die gesetzlichen Anforderungen nicht als Pflicht, sondern als strategische Chance verstehen, sichern sich langfristig ab. Denn eines ist sicher: Die Anforderungen an Energieeffizienz werden weiter steigen und nur wer frühzeitig handelt, wird davon profitieren.